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Interview Felix Losada: „Wir sind durch alle Höhen und Tiefen gegangen“

Wir sind durch alle Höhen und Tiefen gegangen“

Mit 30 Jahren sollte man seinen Weg gefunden haben. Der Windkraftanlagenhersteller Nordex hat das ganz offenbar getan. SONNE WIND & WÄRME sprach mit Nordex-Pressesprecher Felix Losada über Höhen und Tiefen sowie die Gründe für die erfolgreiche Geschäftsentwicklung der letzten Jahre.

SONNE WIND & WÄRME: Für Nordex läuft es seit 2012 richtig gut: Der Auftragseingang wächst, das Ergebnis ebenfalls – das sah zwischendurch ganz anders aus. Was hat Nordex heute in diese komfortable Situation gebracht?

Felix Losada: Im Prinzip sind da zwei Entwicklungen. Die Nordex hat sich seit ungefähr drei Jahren strategisch darauf ausgerichtet, sich nur auf solche Märkte zu konzentrieren, in denen wir in relativ kurzer Zeit einen entsprechenden Marktanteil erwirtschaften können. Wir hatten uns in den Jahren zuvor auf eine globale Expansion ausgerichtet. Als mittelständisches Unternehmen haben wir dann entschieden, wir wollen uns fokussieren. Das betrifft auch unsere Kundenstruktur: Wir sind als Mittelständler insbesondere für mittelständische Unternehmen interessant und können mit denen auf Augenhöhe die entsprechende Leistung erbringen.

SW&W: Was heißt das konkret?

Losada: Für uns sind beispielsweise Entwickler oder Stadtwerke typische mittelständische Unternehmen. Wenn es dagegen um Großprojekte geht, dann sind das für uns mit Blick auf unsere Kapazität häufig nicht die passenden Projekte. 50 MW, 100 MW – das ist für uns genau die richtige Größe. 300 oder 400 MW auf einen Schlag, das würden wir nicht machen wollen. Das ist zu risikoreich für uns. Daher haben wir uns auch aus dem gesamten Offshore-Segment zurückgezogen. Auch da hatten wir ursprünglich Entwicklungen und haben uns dann doch als reiner Onshore-Anbieter positioniert. Damit geht natürlich eine entsprechende Produktentwicklung einher. Mit der Entwicklung der N117/2400 und jetzt auch den darauffolgenden Modellen der Generation Delta bringen wir hocheffiziente Anlagen auf den Markt, die Stromentstehungskosten reduzieren und dem Kunden mehr Ertrag bringen. Das ist das tragende Moment, das momentan hier vorliegt.

SW&W: Wie viele Anlagen der Generation Gamma und Delta hat Nordex denn im Feld?

Losada: Von der Generation Gamma über 1.020, von der Generation Delta über 140 Anlagen mit weiteren ca. 420 MW in der Errichtung.

SW&W: In den letzten Jahren hat Nordex kräftig in neue Mitarbeiter investiert. Gleichzeitig ist der Umsatz pro Mitarbeiter von 2011 bis 2014 um 100 % gestiegen. Ist der Weg, Produktion ins Unternehmen hereinzunehmen, die bessere Alternative zum Zukauf vom Spezialunternehmen?

Losada: Wir fahren grundsätzlich eine Mehrlieferantenstrategie. Einerseits bauen wir natürlich intern Kompetenz aus – Stichwort Rotorblattfertigung. Das ist eine Kernkompetenz, die wir halten. Gleichzeitig haben wir auch externe Zulieferer. Natürlich spiegelt diese Zahl, die Sie genannt haben, eindeutig unsern Erfolg wider.

SW&W: Die Turbinenfertigung ist inzwischen nur noch ein Teil des Geschäftsmodells bei Windkraftanlagenherstellern. Service und Wartung bekommt eine immer größere Bedeutung; dazu haben die meisten Projektentwicklung und Betriebsführung im Portfolio. Wie teilt sich das bei Nordex auf?

Losada: Service und Wartung nehmen an Bedeutung zu. Allein in den ersten drei Monaten 2015 betrug der Anteil des Service am Umsatz ca. 9 Prozent. Auch die Projektentwicklung haben wir beispielsweise in Frankreich sehr erfolgreich voran gebracht. Wir sind aber nicht in der Betriebsführung von Windparks unterwegs – das machen andere, das ist nicht unsere Kernkompetenz. Wir sind klassischerweise ein Hersteller, der zunehmend auch im Bereich Service und Wartung wachsen möchte.

SW&W: Welchen Anteil hat denn der Windmarkt in Deutschland bei Nordex?

Losada: Wir haben zurzeit eine Exportquote zwischen 65 und 70 %. Wir haben allerdings durch die Bedeutung des deutschen Markts eine entsprechende Zunahme des deutschen Anteils an unserem Geschäft.

SW&W: Und wenn Sie sich in die Reihe der Hersteller in Deutschland aufbauen, an wievielter Stelle sehen Sie Nordex da?

Losada: Wo wir dieses Jahr stehen werden, vermag ich schwer zu sagen. Wir hoffen natürlich auf jeden Fall auf einen zweistelligen Marktanteil. Von den Stückzahlen, die wir errichten, sind wir gar nicht mal weit hinter dem Wettbewerb hinterher. Aber die Marktanteile werden ja in installierten Megawatt gemessen. Und wenn wir eine 2,4-MW-Anlage wie die N117 errichten, der Wettbewerb aber eine 3,0er oder 3,2er, dann erreicht der natürlich in Megawatt gerechnet relativ schnell andere Marktanteile. Für Nordex ist relevanter, dass wir mit den Kunden gute Geschäfte machen und die Kunden mit uns zufrieden sind. Das ist für uns viel wichtiger als eine Position im Marktanteil.

SW&W: Nordex hatte mal eine Zeit lang eine Kooperation mit Seeba, bei der es darum ging, Gittermasten als Turm einzusetzen, um auch an anderen Standorten bauen zu können. Warum hat sich das im Markt nicht durchsetzen können?

Losada: Wir liefern heute Anlagen nur noch auf Rohrtürmen oder Hybridtürmen. Das sind die Standards heutzutage weltweit. Wir können damit auch in die entsprechenden Höhen vordringen. Der Stahlpreis damals war ja das entscheidende Argument, aber das sieht heute anders aus. Das Konzept, das wir heute fahren, basiert in der Tat auf dem klassischen Rohrturm und dem Hybridturm.

SW&W: Wie relevant ist das Thema Anlagen in Waldstandorten für Sie?

Losada: Das ist relevant. Gerade mit unseren hohen Narbenhöhlen von 141 m haben wir schon einige Windparks in Waldgebieten errichtet. Mit Hybridtürmen kommen wir da sehr gut über die Baumwipfel und haben da sehr gute Erträge.

SW&W: Sie sprachen es ja schon an: Nordex hat eine ganze Reihe Zielmärkte identifiziert, Nordamerika, Südamerika, jetzt gerade aktuell Südafrika. Was steht dahinter für eine Vertriebsstruktur?

Losada: Wir sind immer lokal vor Ort. Das ist ein Kennzeichen der Nordex. Wir bauen zunächst vor Ort vertriebsseitig unsere Leute auf. Das heißt, wir fragen immer, wo haben wir ein gewisses Marktvolumen, ein Potential, das wir hebeln können? Dann gehen wir in diesen Markt, und wenn wir erfolgreich sind, garantieren wir über unsere Servicestützpunkte, die dann nah an den Windparks gelegen sind, eine entsprechende Wartung über 10, 15, 20 Jahre, je nachdem, was der Kunde wählt.

SW&W: Heißt Servicestützpunkte, dass dort tatsächlich ständig Personal vorhanden ist, oder dass Mitarbeiter innerhalb einer bestimmten garantierten Reaktionszeit vor Ort sind?

Losada: Wir haben in der Nähe unserer Windparks sogenannte Servicepoints, in denen einerseits Verschleißmaterial gelagert wird. Aber die Entfernung von unserem Service-Center zu den Windparks ist auch auf Reaktionsschnelligkeit ausgelegt. Dazu gehört, dass wir vor Ort lokale Mitarbeiter schulen. Das ist eine Bedingung, das ist ganz klar.

SW&W: Ab 2017 gibt es das Ausschreibungsverfahren nach EEG auch bei Windparks. Müssen Sie sich und können Sie sich als Hersteller von Anlagen dort in irgendeiner Form einbringen? Oder ist das letztlich Sache der Projektiver und künftigen Betreiber, damit zurecht zu kommen?

Losada: In allererster Linie sind wir Hersteller, das heißt, unser Ziel ist es natürlich, die Stromentstehungskosten zu reduzieren. Das ist erst mal ein wichtiger Punkt für alle, auch die Kunden, auch bei den Ausschreibungsverfahren. Da die Ausschreibungsverfahren und das Konzept aber noch gar nicht klar sind – Ist das ein regionales Verfahren, ist das ein bundesweites Verfahren? – ist es schwierig für uns jetzt hier im Interview klar zu sagen, was wir machen werden. Wir stellen uns darauf ein, wollen das aber momentan noch nicht publik machen. Eines steht aber fest: Wir überlegen natürlich, wie wir unseren Kunden und Entwicklern unter die Arme greifen können.

SW&W: Ich höre immer wieder Stimmen, die sagen, die Windbranche hat jetzt noch eine gute Zeit bis 2017 und danach wird es ähnlich schwierig wie in der Photovoltaik. Würden Sie das so unterschreiben wollen?

Losada: Nein, das kann ich so nicht unterschreiben. Am Ende ist jeder Hersteller auch ein Unternehmer. Und wenn sich die Umweltbedingungen draußen ändern, dann stellt sich der Unternehmer auf die geänderten Umweltbedingungen ein. Selbstverständlich müssen wir diversifizieren und nach neuen Märkten Ausschau halten. Das ist gar keine Frage, denn die Unsicherheit ist da. Auf der anderen Seite feiern wir jetzt 30 Jahre Nordex und wir sind durch alle Höhen und Tiefen gegangen. Das mag vielleicht erst mal eine Delle ergeben, aber wir sind relativ zuversichtlich.

SW&W: 30-jähriger Geburtstag ist natürlich auch Anlass zurückblicken. Wissen Sie, wo die älteste Nordex-Anlage steht?

Losada: Die älteste Anlage nach Firmengründung 1985 ist eine N27/250 in Dänemark.

SW&W: Noch mal zusammenzufassend: Worin liegt das Erfolgsrezept von Nordex?

Losada: Der Erfolg fängt immer mit den Menschen an. Am Ende sind es die Kunden, die uns viele, viele Jahre die Treue gehalten haben, und natürlich auch die Lieferanten und Geschäftspartner, mit denen wir gemeinsam gewachsen sind. Dann die Fokussierung auf einzelne Märkte, auf Onshore und unsere sehr effizienten Turbinen – das ist der Erfolgsgarant für Nordex.

Das Gespräch führte Volker Buddensiek

Infokasten: Nordex feiert 30 Jahre Wind-Geschichte

Nordex feiert in diesem Jahr sein 30-jähriges Bestehen. In Hamburg hatte der Windkraftanlagen-Hersteller aus diesem Anlass rund 300 Gäste – Mitarbeiter, Geschäftspartner und Kunden – zu einem besonderen Event unter dem Motto „30 Years Evolution of Wind Power“ eingeladen.

In erster Linie wurde bei fast tropischen Temperaturen einer für Hamburg ganz ungewöhnlich warmen Juli-Nacht auf und im Cruise Center Altona heftig gefeiert. Neben Licht- und Videoinstallationen sorgte die Elbe mit unmittelbar vor dem Gebäude vorbei ziehenden Kreuzfahrt- und Containerschiffen für eine spezielle Atmosphäre.

Als kleinen Vorgeschmack auf das, was das Unternehmen noch vor hat, kündigte Nordex an dem Abend auch schon mal eine neue Anlage an, die es zur HusumWind präsentieren wird: die exklusiv für Deutschland entwickelte N131/3300. (Mehr wurde nicht verraten, Details folgen in Husum.)

(veröffentlicht in SONNE WIND & WÄRME 9/2015)

weitere Informationen: Nordex